Frau Krejsa, Sie haben mit Ihrem Buch "Spurensuche. Der
NS-Anwalt und Judenretter Helmut Pfeiffer" ein Beispiel für eine Art von
Geschichtsdarstellung vorgelegt, die man als creative non-fiction im
angelsächsischen Raum bezeichnet. Weshalb haben Sie diese erzählerische, teils
ja auch dramatisierende Darstellungsform für Ihre Biografie gewählt?
Diese Form hat den Vorteil, Wissen zu vermitteln ohne zu
belehren. Gerade wenn LeserInnen nicht über ein ausgeprägtes Geschichtswissen
verfügen, wollen sie nicht ständig und seitenlang mit trockenen Fakten beworfen
werden. Und was ich selbst nicht mag, will ich auch meinen Lesern nicht antun.
Aber steckt in creative non-fiction nicht von vorneherein
ein großer Widerspruch? Sachthemen müssen faktenorientiert dargestellt werden,
nicht erzählerisch schön arrangiert sein...
Die Alternative dazu wäre der historische Roman. Da sind
Teile frei erfunden; als Leser weiß man aber nie, was nun erfunden ist und was
historisch gesichert. Das liegt mir persönlich nicht; als Journalistin will ich
entlang der Fakten erzählen. Aber ich will eben auch erzählen und nicht nur
berichten; dafür ist diese Darstellungsform gerade richtig.
Welche Chance sehen Sie in creative non-fiction?
Ich denke, dass LeserInnen gerne danach greifen werden,
weil es eine Form des Dialoges ist: In meinem Fall nehme ich sie auf meine
Recherchereise mit. Dadurch können sie sich selbst ein Urteil bilden; sie
können an meinen Erfolgen, an meinen Spekulationen und auch an meinen
Frustrationen teilnehmen und sich selbst ein Urteil bilden. Sie müssen nicht
‚schlucken’, was ich ihnen vorsetze, sondern sie sind mittendrin. Sie können
sich denken ‚Das hätte ich jetzt anders gemacht’ oder ‚Ich hab’s ja geahnt’.
Das ist wie bei einem Krimi. Da macht Lesen Spaß.
Gab es Inspirationen und Vorbilder? Gibt es einen Titel, der
für Sie stilbildend war?
Beim Schreiben wusste ich überhaupt noch nicht, dass es
das Genre ‚creative non-fiction’ überhaupt gibt. Es war vielmehr so, dass ich
ziemlich bald im Verlauf meiner Recherchen begonnen habe, ein Arbeitstagebuch
zu schreiben. Niederschreiben ist meine Form des Nachdenkens und
Gedanken-Ordnens. Helmut Pfeiffer hat sich gewunden wie eine Schlange, ich war
ihm nahe, habe ihn aber nicht und nicht zu fassen bekommen. Schließlich hatte
ich einen Riesenpacken Notizen vor mir. Und der war dann die Grundlage für das
Buch.
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