Dienstag, 21. Dezember 2010

Wie wir sterben - ein Interview mit der Autorin Conny Smolny


Der Tod gehört zum Leben. So natürlich dieser Moment ist, so unterschiedlich sind seine Deutungen in der Geschichte. Jede Kultur hat ihren eigenen, jedes Zeitalter einen neuen Umgang mit dem memento mori, dem Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit, entwickelt. Heute scheint es, als ob wir das Sterben immer weiter aus unserem Leben verbannen. Der gegenwärtige Kult um die ewige Jugend kann den Verfall des Menschen am Ende seines Lebens eigentlich nur ignorieren und verdrängen. Oder doch nicht? Die Autorin Conny Smolny befasst sich in ihrem aktuellen Buch mit neuen und zukünftigen Formen des Umgangs mit Sterben und Bestattung, lenkt den Blick aber auch zurück in vergangene Jahrhunderte. Wir sprachen mit der Autorin:


1. Was ist die zentrale Botschaft Ihres Buches?
Der Umgang mit Sterben und Tod ist einem ständigen Wandel unterworfen. Die Angst vor dem Tod war früher vordergründig auch eine Angst vor ewiger Verdammnis; heute ist es eher die Angst, einsam und abgeschoben in einem Pflegeheim oder angeschlossen an eine Armada von Schläuchen und Instrumenten, ebenfalls einsam und zudem noch völlig ausgeliefert, den letzten Atemzug zu tun.
Deshalb waren meine Themen im Buch z. B. die wachsende Vielfalt im Bestattungswesen im europäischen Kulturkreis. Auch das Verhältnis der Gesellschaft zum Suizid, von den Stoikern bis hin zur Sterbehilfe als bezahlter Dienstleistung, oder der Tod und die Erwartungen an die Zeit danach in den großen Religionen der Welt wie auch die Verarbeitung des Todes in Kunst, Literatur und Musik werden thematisiert.

2. Weshalb sollte man Ihr Buch lesen?
Nicht nur, wenn die dicken Novembernebel sich schwer und grau über Landschaften und Städte legen, wird gern einmal zu einem Buch gegriffen. Im November, wenn Gedenken an Tagen wie Allerseelen und Totensonntag zelebriert wird, ist das Thema Tod doch näher als in Monaten, in denen alles blüht und grünt. Das Lesen dieser kleinen Kulturgeschichte des Todes kann zum einen informierend und bildend sein, aber auch tröstlich und erheiternd. Durch ihre Vielfältigkeit ist sie interessant und fesselt durch immer neue Aspekte der gleichen Thematik. Diese geben unterschiedliche Blicke frei und können somit den Horizont der Leserinnen und Leser erweitern und sie für manches, den Umgang mit Tod und Sterben betreffend, sensibilisieren. Tod bedeutet Verlust, Schmerz und Trauer. Und am Ende stellt sich die Frage: Was bleibt? Welchen Einfluss hat mein Leben auf meinen Tod?

3. Weshalb hat Sie selbst das Thema so interessiert?
Das Thema interessiert mich schon viele Jahre lang. Persönliche Erfahrungen mit Sterben und Tod sowohl beruflich als auch privat haben den Wunsch verstärkt, diese kleine Kulturgeschichte zu schreiben. Die Tatsache, dass nichts und niemand davon verschont bleibt, dass sich mit dieser Unausweichlichkeit alle abfinden müssen und es keinen Sinn hat, den Tod zeitlebens zu verdrängen, da er einen dann um so härter treffen kann, all das und noch vieles mehr fasziniert mich persönlich am Tod. Er bleibt, trotzdem er in Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft laufend thematisiert und analysiert wird, oft rätselhaft und unheimlich.

4. Für wen ist Ihr Buch besonders interessant?
Die kleine Kulturgeschichte des Todes ist für alle interessant, die sich mit diesem Thema befassen möchten, sei es, weil sie den Tod bisher verdrängt haben, sie der graue Novemberblues erfasst hat oder der Verlusst eines Angehörigen oder einer guten Freundin Anlass ist, sich damit zu befassen. Da es alle Alters- und Gesellschaftsschichten betrifft und von unterschiedlichen Seiten beleuchtet wird, finden sich neue und faszinierende Aspekte für alle.

Mehr zum Buch unter: http://vergangenheitsverlag.de/index.php?mainm=8&id=8&buchid=24

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