Freitag, 13. April 2012

Was ist creative non-fiction? Ein Interview mit der Autorin Susanne Krejsa

Frau Krejsa, Sie haben mit Ihrem Buch "Spurensuche. Der NS-Anwalt und Judenretter Helmut Pfeiffer" ein Beispiel für eine Art von Geschichtsdarstellung vorgelegt, die man als creative non-fiction im angelsächsischen Raum bezeichnet. Weshalb haben Sie diese erzählerische, teils ja auch dramatisierende Darstellungsform für Ihre Biografie gewählt?

Diese Form hat den Vorteil, Wissen zu vermitteln ohne zu belehren. Gerade wenn LeserInnen nicht über ein ausgeprägtes Geschichtswissen verfügen, wollen sie nicht ständig und seitenlang mit trockenen Fakten beworfen werden. Und was ich selbst nicht mag, will ich auch meinen Lesern nicht antun.

Aber steckt in creative non-fiction nicht von vorneherein ein großer Widerspruch? Sachthemen müssen faktenorientiert dargestellt werden, nicht erzählerisch schön arrangiert sein...

Die Alternative dazu wäre der historische Roman. Da sind Teile frei erfunden; als Leser weiß man aber nie, was nun erfunden ist und was historisch gesichert. Das liegt mir persönlich nicht; als Journalistin will ich entlang der Fakten erzählen. Aber ich will eben auch erzählen und nicht nur berichten; dafür ist diese Darstellungsform gerade richtig.

Welche Chance sehen Sie in creative non-fiction?

Ich denke, dass LeserInnen gerne danach greifen werden, weil es eine Form des Dialoges ist: In meinem Fall nehme ich sie auf meine Recherchereise mit. Dadurch können sie sich selbst ein Urteil bilden; sie können an meinen Erfolgen, an meinen Spekulationen und auch an meinen Frustrationen teilnehmen und sich selbst ein Urteil bilden. Sie müssen nicht ‚schlucken’, was ich ihnen vorsetze, sondern sie sind mittendrin. Sie können sich denken ‚Das hätte ich jetzt anders gemacht’ oder ‚Ich hab’s ja geahnt’. Das ist wie bei einem Krimi. Da macht Lesen Spaß.

Gab es Inspirationen und Vorbilder? Gibt es einen Titel, der für Sie stilbildend war?

Beim Schreiben wusste ich überhaupt noch nicht, dass es das Genre ‚creative non-fiction’ überhaupt gibt. Es war vielmehr so, dass ich ziemlich bald im Verlauf meiner Recherchen begonnen habe, ein Arbeitstagebuch zu schreiben. Niederschreiben ist meine Form des Nachdenkens und Gedanken-Ordnens. Helmut Pfeiffer hat sich gewunden wie eine Schlange, ich war ihm nahe, habe ihn aber nicht und nicht zu fassen bekommen. Schließlich hatte ich einen Riesenpacken Notizen vor mir. Und der war dann die Grundlage für das Buch.



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