Sonntag, 13. September 2009

30 Jahre Marzahn - Wohnen für alle!


Zu DDR-Zeiten war es "in", nach der Wende "out": Das Leben in der Platte. Zahlreiche Plattenbaugebiete wurden nach der Wende abgerissen, modernisiert, die Idee der Platte als unmenschlich niedergeschrieben - und doch können wir auf sie nicht verzichten. Die Frage, preiswerten Wohnraum für alle zu schaffen, eine soziale Vision mit Relevanz bis heute, konnte nur durch das industrielle Bauen mit Standardmodulen gelöst werden. Dabei ist die Platte übrigens keine Erfindung der DDR, auch wenn Plattenbauten im gesamtdeutschen Erinnerungsdiskurs heute oftmals mit der DDR assoziiert werden. Die soziale Idee der Plattenbauten geht bereits ins 19. Jahrhundert zurück, und auch in den westlichen Staaten wurde diese Idee vor allem in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts vielerorts ausprobiert.

Ein Plattenbaugebiet wie Berlin-Mahrzahn (ehem. Ost-Berlin) zeigt anlässlich seines 30. Geburtstages, wie man trotz aller Vorurteile eine eigene, durchaus selbstbewusste Identität entwickeln kann. Zu dem Fest, das am 12.9. begann, sprach u.a. auch Petra Pau von der Linken. Sie vertritt den Wahlkreis Mahrzahn-Hellersdorf im Bundestag - und in Wahlkampfzeiten nutzte sie das Fest, um ordentlich lokalpatriotisch aufzutreten und von unwissenden Wessis zu erzählen, die immer noch nicht ahnen, dass in Mahrzahn längst fast alle Häuser saniert und es sowieso viel grüner ist als sonstwo in Berlin. Zumindest die Kleingartendichte scheint hier tatsächlich unschlagbar zu sein...









Petra Pau auf dem Mahrzahner Fest letztes Wochenende

Solch ein Lokalpatriotismus ist interessant: Die Liebe zur Platte kann dabei nicht nur durch den Kopf gehen: geringe Mieten, guter Verkehrsanschluss etc. Was steckt genau dahinter? Vielleicht ist das eine Frage, mit der man sich genauer beschäftigen sollte....Wir vom Vergangenheitsverlag waren dieses Wochenende jedenfalls auch auf dem Fest vertreten und haben Robert Liebschers Buch "Wohnen für alle. Eine Kulturgeschichte des Plattenbaus" vorgestellt. Die Konkurrenz zur Achterbahn und Würstchenbuden war allerdings am Ende dann doch zu groß - viel verkauft haben wir nicht, aber eine ganze Reihe spannender Gespräche gehabt.












Steffi Kühnel (Vergangenheitsverlag) und Robert Liebscher (Autor von Wohnen für alle. Eine Kulturgeschichte des Plattenbaus)

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