Dienstag, 15. September 2009

Mit Schirm, Charme und Melone


Eine kleine Kulturgeschichte des Schirms
(Berlin, 15.09.09) Wer den Schirm, ob Sonnen- oder Regenschirm, erfunden oder als Erstes hergestellt hat, ist nicht bekannt. Eine Legende erzählt die gut viertausend Jahre alte Geschichte von Lou Pan, einem chinesischen Baumeister, und seiner Frau. Sie war so besorgt um ihren Gatten, der täglich in der Hitze der Sonne arbeiten musste, dass sie ihm eine Halbkugel aus Laub flocht und diese an einem Stock hochhielt. Damit schützte sie das Haupt ihres Ehemannes: Der erste Sonnenschirm der Welt war geboren. Gern möchte man der Geschichte Glauben schenken, ob sie wahr ist, lässt sich jedoch nicht zurückverfolgen.
Ein Symbol königlicher Würde
Die Menschen der Vor- und Frühzeit kannten Schirme als Schutz vor Regen oder Sonne offensichtlich nicht. Es wurden bislang zumindest keine schirmähnlichen Überreste gefunden. Doch schon die Kaiser der alten chinesischen und orientalischen Dynastien oder auch die Ägypter der Pharaonenzeit wurden mit Schirmen oder Baldachinen in überlieferten Bildnissen dargestellt. Stets galt der Schirm dabei – von Sklaven getragen – als Zeichen königlicher Würde. Sie wurden aus kostbaren Materialien wie Brokat oder Seide hergestellt und mit Edelsteinen verziert. Das Schirmgestell bestand aus geschnitztem Holz oder auch Elfenbein. Auch im Mittelalter blieb der Schirm den Mächtigen vorbehalten. Päpste schützten sich mit ihm vor den Wettereinflüssen, und es dauerte nicht lang, bis jeder Herrscherhof seine eigenen Schirme und Baldachine in den Farben des jeweiligen Wappens besaß. Bald wechselten Aussehen und Material der Sonnenschirme je nach den gängigen Modevorstellungen.
Während für lange Zeit einzig der Sonnenschirm vor zu großer Hitzeeinwirkung schützte, trat ab dem 17. Jahrhundert erstmals der Regenschirm auf den Plan. Dies lag vermutlich am empfindlichen Material der frühen Schirme: Kostbare Stoffe und Edelsteine wollte man nicht dem Unwetter aussetzen. Der Regenschirm als praktischer Gebrauchsgegenstand erfreute sich bald immer größerer Beliebtheit, auch bei Bevölkerungsschichten jenseits der Oberen Zehntausend. Im Gegensatz zum Sonnenschirm, der vor allem ab dem Ersten Weltkrieg vermehrt als Symbol der Dekadenz bewertet wurde, setzte der Regenschirm seinen Siegeszug bis heute fort. Über 80 Millionen Stück wurden schon in den 60ern jährlich verbraucht!
Technischer Fortschritt
War der Schirm zunächst wegen seines Umfangs und Gewichtes eher schlecht zu handhaben, sorgte die technische Weiterentwicklung dafür, aus einem sperrigen, teuren Fünf-Kilo-Gebilde einen leichten, handlichen Begleiter zu machen. So erfand 1846 der französische Mechaniker Pierre Duchampe eine Stahlkonstruktion für den Schirm und ersetzt so das bis dahin übliche schwere Gestänge aus Walfischbein. 1926 wurde schließlich das Teleskopgestell von dem Bastler Hans Haupt aus Breslau erfunden: Das Ergebnis ließ er sich patentieren und nannte es Knirps – ein ausziehbarer, ineinander verschiebbarer Schirm. Er machte den sperrigen Regenschutz schließlich zum alltäglichen Begleiter im Handtaschenformat.
Wer sich für die Geschichte der Schirme interessiert, findet in Weimar ein kleines, einzigartiges Museum: Das Schirmmuseum von Annelies Pennewitz, eine der letzten hauptberuflichen Schirmmacherinnen: Rittergasse 19, 99423 Weimar.

1 Kommentar:

  1. Schirme waren auch in der griechischen Antike bekannt, wie es vor allem von Vasenbildern bekannt ist. Auch hier wurden einzig Frauen mit Sonnenschirm gezeigt, Männer trugen einen breitkrempigen Reisehut.

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