Mittwoch, 17. Februar 2010

Ist ziviler Ungehorsam eine Niederlage für den Rechtsstaat?


(Berlin, 16. Februar 2010) Als großer Erfolg wurde die Blockade gegen den Aufmarsch von 6.400 Rechtsextremen am Samstag, dem 13. Februar, in Dresden in der Presse gefeiert. „Niederlage für die Rechten“ titelte zum Beispiel die taz am nächsten Tag. Am 65. Jahrestag des Bombardements auf die sächsische Hauptstadt gelang es 12.000 Gegendemonstranten, den geplanten Zug der Neonazis durch die linksalternative Neustadt zu verhindern. Stundenlang blockierten sie die vereisten Straßen um den Neustädter Bahnhof, von dem aus der Zug der Neonazis starten sollte. ‚Ziviler Ungehorsam’ hieß das Schlagwort an diesem Tag. Die Polizei, die mit 7.000 Mann über die Stadtgrenzen hinaus kontrollierte, verbot schließlich den Marsch: Sie hätte die Sicherheit der Neonazis nicht gewährleisten können.
Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz möchte den Gegendemonstranten für ihr Tun jedoch nicht danken. Die Menschenkette von über 10.000 Bürgern auf der Altstadtseite, zu der die Stadt aufgerufen hatte, habe den Aufmarsch verhindert, sagte sie am Montag auf einer Pressekonferenz zu den Ereignissen am Wochenende. Um eine Danksagung an die Blockierer des Neustädter Bahnhofs einige Kilometer weiter, unter denen sich auch Bürgermeister anderer Städte befanden, drückte sie sich. „Ich bedanke mich bei allen friedlichen Protestierern“, war ihr einziger Kommentar. „Blockaden können nicht das Mittel der Zukunft sein“, sagte der Landespolizeipräsident und bekräftigte damit Orosz’ Zurückhaltung.
Obwohl eine friedliche Blockade keine Straftat ist, wie das Bundesverfassungsgericht feststellte, bleibt die Frage, ob es richtig ist, eine genehmigte Demonstration zu verhindern, selbst wenn es eine Nazi-Demo ist. Politik-Professor Eckard Jesse von der TU Chemnitz bezeichnet die Blockaden gegenüber der taz als „Niederlage für den Rechtsstaat“ – die Gerichte, nicht die Blockierer, entscheiden, ob eine Demo stattfindet.

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